Empty Nest
Er kommt nicht unerwartet, der Moment in dem die Kinder das Haus verlassen. Und doch versetzt er die meisten Eltern in eine Art Schockzustand. Das ist ein bisschen wie Weihnachten: Jeder weiß, dass es am 24.12. stattfindet. Jedes Jahr sind wir aufs Neue überrascht, dass es schon wieder soweit ist…
Wenn wir Kinder bekommen und großziehen gibt es bei all der Liebe, die wir empfinden, immer wieder diese Momente, in denen wir uns auf den Tag freuen, an dem die Kleinen endlich groß sind, ausziehen und ihr eigenes Leben führen. Insbesondere, wenn wir mit Pubertierenden unter einem Dach wohnen, steigt die Vorfreude auf die Zeit „danach“. Plötzlich sind Eltern hauptberuflich peinlich, das Betreten des Zimmers wird als extremer Eingriff in die Privatsphäre begriffen und die Gespräche verstummen, sobald man sich nähert. Ja, die Abnabelung findet schrittweise statt und man sollte meinen, wir könnten uns in aller Ruhe und Gelassenheit aufs Loslassen vorbereiten.
Von der Vollzeitanstellung zum freien Beratervertrag
Und dann ist er plötzlich da, der Tag X… Die Kids sind ausgezogen. Das Haus ist leer und still. Wir vermissen plötzlich alles, was uns sonst fürchterlich genervt hat. Nach zwei Jahrzehnten intensiven Zusammenlebens packt das Kind plötzlich seine Sachen und zieht aus. Und wir Eltern werden gefühlt „in Rente“ geschickt – oder sagen wir mal so: Wenn es gut läuft und wir eine gute Beziehung zu unseren Kindern haben, dann wechseln wir von unserer Vollzeit-Festanstellung zu einem freien Beratervertrag mit recht geringer Auslastung.
Jetzt könnte man meinen: „Herrlich, endlich freie Zeit. Endlich Ich!“, doch die meisten können das nicht von Anfang an so sehen. Sie rutschen in eine Sinnkrise, die bis hin zu einer Depression führen kann. Bekannt ist das Phänomen unter dem Begriff „Empty Nest Syndrom“ und füllt Zeitschriften und Bücherregale. Für Frauen und Männer, die sich in den letzten Jahren ausschließlich über Kindererziehung und Familie definiert haben, ist dieser Cut extrem schwer. Wer braucht sie denn jetzt noch? Und wer sind sie überhaupt jenseits ihrer Elternrolle?
Empty Nest – da kommt meist viel zusammen…
Häufig ist es auch so, dass die Kinder aus – und bei uns Frauen gleichzeitig die Wechseljahre einziehen. Die Kinder kommen gut ohne uns zurecht und die Natur braucht uns jetzt auch nicht mehr für die Fortpflanzung… Wer braucht uns denn dann bitte schön? Die Hormone, die jetzt auch gerne mal verrückt spielen, machen das Loslassen auch nicht gerade leichter.
Und wie steht es eigentlich um die Beziehung? Haben sich Mann und Frau noch etwas zu sagen, jetzt wo die Kinder beim Abendessen nicht mehr den Ton angeben? Nicht selten zieht der Auszug der Kinder den Auszug des Partners nach sich. Und so scheint plötzlich das ganze Leben Kopf zu stehen…
Mein Empty Nest auf Probe
Nachdem mein Mann und ich uns getrennt hatten, haben die Kinder zeitgleich beschlossen, sich auch eine „Auszeit“ zu nehmen. Meine Tochter ging nach dem Abi für ein Jahr auf Weltreise und mein Sohn wollte sich für ein Jahr das Internatsleben in England anschauen. Für mich bedeutete das, dass meine Wohnung innerhalb von zwei Tagen verwaist war! Nachdem ich den Flughafen mit meinen Tränen geflutet hatte, bin ich selbst für ein paar Tage alleine verreist. Bei meiner Rückkehr fand ich eine völlig leere Wohnung vor – aufgeräumt, so wie ich sie verlassen hatte. Wow, das war ungewohnt! Und ja, das fühlte sich ganz gut an! Die ersten zwei Wochen habe ich das genossen – hätte ja auch sein können, dass beide einfach nur im Urlaub sind.
Doch dann begriff ich, dass ich jetzt wirklich alleine in dieser gefühlt zu großen Wohnung lebte! Und obwohl ich dachte, ich hätte mich innerlich vorbereitet und obwohl ich einen Job habe, der mich wirklich erfüllt, hat es mir erst einmal den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein Halt war weg und ich im freien Fall. Etwas hochmütig war ich bisher davon überzeugt gewesen, das Empty Nest Syndrom würde nur die Vollzeit-Eltern treffen, die zuhause geblieben waren. Demut hielt Einzug und ich erkannte: Ich hatte es tatsächlich unterschätzt, das leere Nest…
Gerade als ich mich mit dem Alleinsein angefreundet hatte, kam mein Sohn aus England zurück und ich stand wieder vor neuen Herausforderungen…
Erlauben Sie sich eine Zeit der Trauer.
Es stellt sich etwas Wehmut ein, wenn die Kinder sich abnabeln. Wo war nur die Zeit geblieben? Wir realisieren, wie alt wir geworden sind. Der erste Schritt liegt tatsächlich darin, diese Gefühle der Trauer wahrzunehmen, anzunehmen und sich ihnen zu stellen. Sie sind absolut normal – wenn auch in der Intensität unterschiedlich ausgeprägt. Wenn wir versuchen dagegen anzugehen (das gilt im Übrigen für jede Form von negativen Gefühlen), dann verstärken wir sie groteskerweise nur!
Also: Trauern Sie für eine Weile. Lecken Sie Ihre Wunden. Reden Sie über Ihre Gefühle. Üben Sie sich in Selbstmitleid.
Ich habe das tatsächlich auch getan – ungefähr vier Wochen lang. Doch dann ist es auch wieder gut. Das Leben geht weiter. Stehen Sie auf! Schütteln Sie sich und erinnern Sie sich daran: Auch Sie sind irgendwann diesen Schritt gegangen und haben das elterliche Nest verlassen. Wissen Sie noch, wie toll und erwachsen Sie sich damals gefühlt haben? Genau so geht es Ihren Kindern jetzt! Gönnen Sie ihnen ihre Freude. Und spüren Sie selbst die neue Freiheit, die Sie jetzt wiedergewonnen haben!
Ein leeres Nest ist DIE Chance, die eigenen Flügel wieder auszubreiten…
Vorbei der 24 Stunden Bereitschaftsdienst! Keine Notwendigkeit mehr, mindestens einmal pro Tag zu kochen und den Kühlschrank für Teenagermägen zu füllen. Vorbei die Wäscheberge mit Sportklamotten und Lieblingsjeans, die natürlich unbedingt am nächsten Tag benötigt wurden…
Die Kinder sind aus dem Haus, aber sie haben sie nicht verloren! Die Verbindung bleibt Ihnen erhalten. Und das Schöne ist: Die Zeit, die Sie ab jetzt miteinander verbringen, wird zur Qualitätszeit und ist keine Routine. Empty Nest als Chance: Holen Sie sich Leichtigkeit und Freude in Ihren neuen Lebensabschnitt! Was wollten Sie denn schon immer einmal machen, als Ihnen noch die Zeit dafür gefehlt hat? Gibt es Hobbies, die Sie wieder reaktivieren können?
Treffen Sie sich mit Freunden. Gehen Sie mit Ihrem Partner aus und entdecken Sie sich neu in der wiedergewonnenen Zweisamkeit. Stecken Sie Ihre Energie wieder mehr in Ihre Beziehung. Und vor allen Dingen: Fangen Sie wieder an, zu träumen! Sie sind keine 20 und auch keine 30 mehr und doch im allerbesten Alter, um noch einmal neu anzufangen.
Auch wenn Sie in den letzten Jahren all Ihre Aufmerksamkeit in die Familie und die Kindererziehung gesteckt haben: Es ist nicht zu spät, wieder ins Berufsleben einzutreten! Als Familienmanager/in haben Sie eine ausgezeichnete Expertise in Sachen Flexibilität, Belastbarkeit, Organisationstalent, Überstunden, Kommunikationsfähigkeit, Nachwuchsförderung, Psychologische Betreuung etc.
Ich sage nicht, dass es einfach ist, nach vielen Jahren wieder ins Berufsleben einzusteigen oder einen neuen Platz im Leben zu finden. Doch es ist möglich!
Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie in der Trauer verharren oder noch einmal neu durchstarten. Womit möchten Sie Ihre kommenden Jahre sinnvoll ausfüllen? Machen Sie sich diesen Prozess so leicht wie möglich! Coaching direkt in München. Ich freue mich auf Sie!