# We are all sisters
Am 8. März feiern wir Weltfrauentag. Doch wie gehen wir Frauen untereinander miteinander um? Und wie leben wir Gleichberechtigung untereinander?
„Stutenbissiges Verhalten“, wie es salopp genannt wird, ist immer wieder Thema in meiner Coaching-Praxis und mir ist es in unterschiedlichen Facetten aus meinem eigenen Leben bekannt. Diese intriganten „Spielchen“, die wir immer wieder untereinander anzetteln, hinterlassen Wunden, schwächen und tun einfach nur weh.
Apropos „Stutenbiss“: Da ich in keinster Weise pferdeaffin bin, habe ich mal recherchiert, ob Stuten wirklich untereinander beißen.
Und ja, das tun sie! Und zwar, wenn es, wen überrascht es, um die Gunst eines Hengstes geht. Aber auch, wenn es um die Rangordnung geht. Die Ranghöhere verweist die andere Stute durch einen Biss wirkungsvoll in ihre Schranken. Dieser Biss tut weh, bewirkt Rückzug der Anderen und ist nicht nachweisbar, da nicht sichtbar.
Doch weshalb tun wir Frauen das? Wir, die wir doch selbst Gleichheit und Frauensolidarität fordern?
Wie so oft führt der Blick zurück in die Kindheit und in die Erziehung.
Mädchen werden meist anders erzogen als Jungs! (Zumindest war es in meiner Generation so)
Jungs dürfen von klein auf Kräfte messen mit anderen Jungs. Sie dürfen Konflikte offen austragen und werden geradezu noch dazu motiviert, sich zu wehren.
Als Konkurrent wahrgenommen zu werden, ist fast schon eine Auszeichnung. Denn Konkurrent ist nur einer, der besonders groß, schnell, klug, stark oder ähnliches ist. Und dieser Gedanke spornt zur Leistungssteigerung an.
Das heißt Männer haben als Jungs spielerisch gelernt, mit Konkurrenz umzugehen, sie offen auszuleben und dann in eine Art Rückenwind umzuwandeln. Ganz nach dem Motto: „Konkurrenz belebt das Geschäft“.
Bei uns Frauen sieht das ganz anders aus: Wie werden von klein auf dazu erzogen, lieb zu sein, sanftmütig, gefällig. Zu unseren Aufgabengebieten gehört es, für Harmonie zu sorgen und dafür, dass es allen gut geht. Außerdem werden wir dazu angehalten, dass das „schwache Geschlecht“ zusammenhält gegen die starken Männer.
Konflikte offen auszutragen könnte die Harmonie stören und ist deshalb unerwünscht. Ein offenes Aufbegehren gegen eine unserer Geschlechtsgenossinnen birgt außerdem die Gefahr in sich, aus der weiblichen Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und somit alleine „gegen“ die Männer zu stehen.
Der Preis, einen Konflikt offen auszutragen, scheint sehr hoch. Wir riskieren, unseren Platz zu verlieren.
Also entwickeln wir als intelligente und kreative Wesen unsere ganz eigene Art, mit solchen Situationen umzugehen. Heraus kommen dabei diese „Undercover Machtspiele“, in denen wir im Hintergrund die Strippen ziehen. Wie in der Tierwelt ist das Ziel, die vermeintliche Konkurrentin in ihre Schranken zu verweisen. Das Ganze soll für das Gegenüber deutlich spürbar, im Außen aber idealerweise nicht nachweisbar sein.
Puh… alleine beim Schreiben macht es mich traurig, dass wir so miteinander umgehen. Und gleichzeitig spüre ich Wut darüber, dass uns Keiner beigebracht hat, wie wir mit Gefühlen von Konkurrenz, Neid und Eifersucht umgehen sollen.
Daher mein Appell an alle Mütter mit Töchtern:
Lehrt sie von Anfang an, Stellung für sich zu beziehen. Erlaubt ihnen, sich zu messen, in den Konflikt zu gehen. Es ist so wertvoll, wenn sie schon als Mädchen auf kindliche Weise ihre eigenen Strategien entwickeln dürfen!
Ich glaube, dass so ein natürlicheres und wohlwollendes Miteinander von Frauen möglich wird.
STUTENBISSIG? Ich nicht! … oder doch?
Interessanterweise bezeichnen sich die meisten Frauen, die ich auf das Thema anspreche als „frauenfreundlich“.
Sind wir das auch noch, wenn wir uns folgende Situation vorstellen?
Wir sind mit unserer Partnerin oder unserem Partner auf einer Party. Und da kommt sie hereingeschwebt, diese megaattraktive Frau, top Figur, klasse Outfit und Styling, mit einem warmherzigen, offenen und strahlenden Lächeln, das alle in ihren Bann zieht … ach ja, und sie ist auch noch sehr erfolgreich im Job.
Wie reagieren wir? Was geht in uns vor?
Begegnen wir dieser Frau mit Wohlwollen? Oder sehen wir unsere Position geschwächt? Scannen wir sie von oben bis unten ab, gnadenlos fahndend nach dem, was nicht vollkommen ist? Fangen wir vielleicht sogar an, über sie zu lästern (irgendetwas findet sich schließlich immer)?
Oder nehmen wir sie einfach wahr als eine von vielen Frauen, die an dem Abend auf der Party sind?
Wir Frauen neigen leider dazu, uns zu vergleichen. Da wir uns durch eine wesentlich kritischere Brille betrachten als unser Gegenüber, schneiden wir selbst meist schlecht ab dabei. Genau aus diesem Vergleich heraus entsteht vermeintliche Konkurrenz und daraus resultieren Missgunst, Neid, Eifersucht, Intrigen.
Ich für meinen Teil habe mir angewöhnt, meine Reaktionen auf andere Frauen neugierig zu beobachten.
Wenn ich mich dabei ertappe, einer anderen Frau gegenüber Gedanken und Emotionen wie Neid, Eifersucht, Missgunst, Konkurrenz zu haben, dann trete ich innerlich einen Schritt zurück und frage mich:
Was genau verkörpert diese Frau, was du dir nicht erlaubst, auch gerne hättest oder welche alte Geschichte projizierst du in sie hinein?
Weshalb vergleichst du dich, Carmen? Und wie fair bist du dir gegenüber dabei?
Das alleine hilft schon sehr!
Raus aus dem Drama – rein in die Selbstbeobachtung – Perspektivenwechsel: Welches Thema wird mir durch diese Begegnung bewusst? – und dann wende ich die Energie FÜR mich an!
Dieses Vorgehen hilft mir im Umkehrschluss auch, wenn ich wahrnehme, dass mir eine andere Frau nicht wohlgesonnen erscheint.
Raus aus dem Drama – rein in die Selbstbeobachtung – Perspektivenwechsel!
Was habe ich wohl an mir, was diese Frau gerade so bewegt? Und: kann ich 100% sicher sein, dass sie mich nicht mag? Oder projiziere ich etwas in sie hinein?
Wir Frauen verhalten uns oft gerade so, als würden wir in einem Bienenstock leben und es gäbe nur Platz für eine einzige Königin! Dabei ist doch Platz für alle da!
Vor einigen Jahren habe ich angefangen, mich bewusst Frauen-Netzwerken zu öffnen und Workshops nur für Frauen zu besuchen. Meine Vorbehalte waren groß! Doch was soll ich sagen: Ich war begeistert!
Diese Energie, die wir Frauen miteinander entwickeln können, ist einzigartig. Denn auch wenn wir alle so unterschiedlich sind, so haben wir doch eines gemeinsam:
Unsere weibliche Kraft und Energie.
Wir können die weibliche Perspektive nachfühlen und verstehen und aus der heraus Strategien für Weiter-Entwicklung erschaffen.
Das weibliche Miteinander schüttet Oxytocin in uns aus und wir fühlen uns miteinander verbunden und geborgen!
Wenn wir Frauen uns wohlwollend, offen und auf Augenhöhe begegnen, dann ist alles möglich!
Raus aus dem Vergleich, der in den vermeintlichen Mangel führt – hin zu dem Prinzip der Ergänzung, das ist in meinen Augen der Schlüssel.
Es wird immer eine geben, die schöner, klüger, schlanker oder erfolgreicher ist. So what! Du bist eine Bereicherung, einzigartig und schön, genauso wie du bist. So wie jede von uns!
Und bitte erinnert euch daran:
In einem Bienenvolk darf es nur eine Königin geben!
Bei uns ist Platz für unendlich viele Königinnen.
Also lasst uns die Stachel einfahren und gemeinsam ausschwärmen…